Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gilt Pazifismus als unzeitgemäß.
Den einen Begriff des “Pazifismus” gibt es aber gar nicht.
Keinesfalls jeder Pazifist und jede Pazifistin lehnt Gewaltanwendung ab.
Da Krieg scheiße ist, ist Pazifismus immer zeitgemäß. Man sollte immer versuchen zuerst alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen - aber hier ist Ukraine auch ein gutes Beispiel, manchmal geht es halt nicht anders.
Genau, Pazifismus als “schöpf alle anderen Optionen aus bevor du zum Mittel der Gewalt greifst” ist gut, Pazifismus im Sinne von “Lass Gewaltbereite alles mit dir und anderen weniger Gewaltbereiten machen nur damit du selbst keine Gewalt anwenden musst” eher nicht.
Ich stimme dir vollkommen zu. So doof es klingt - es gibt eine Rede aus einer Parodie-Serie, die meine Meinung zum absoluten Pazifismus tatsächlich geändert hat:
You think you’re better than everyone else, but there you stand: the good man doing nothing. And while evil triumphs, and your rigid pacifism crumbles into blood-stained dust, the only victory afforded to you is that you stuck true to your guns. You were a coward…to your last whimper. Of fear and love, I fear not that I will die, but that all I have come to love: the birds, and the things that are not birds, will perish with me.
Wobei als persönliche Maxime, ich einen sehr großen Respekt vor Menschen, die einen absoluten Gewaltverzicht leben(!), habe. Als Maxime für eine Gesellschaft ist es aber in der Realität leider nicht möglich.
Man sollte immer versuchen zuerst alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen
Und ich denke das wird in der Regel auch versucht. Die Verhandlungen sind allerdings deutlich leichter, wenn eine militärische Lösung für beide Seiten absehbar unvorteilhaft wird und das erreicht man paradoxer Weise am sichersten durch militärische Stärke. Sozusagen sind gesunde Abwehrkräfte der Schlüssel zum echten Pazifismus.
Und das war das Problem mit der Ukraine. Putin hat geglaubt, dass Ukraine schwach ist, niemand wird Ukraine helfen, und er kann seine Ziele erreichen, ohne verhandeln zu müssen.
Sozusagen sind gesunde Abwehrkräfte der Schlüssel zum echten Pazifismus.
Sieht man an EU. Wir fallen nur deswegen nicht über einander her, weil wir uns gegenseitig mit Militär abschrecken. Und USA leben bekannterweise im Zustand des ständigen Friedens, da sie das größte Militär haben.
- Es gibt mehr als eine Art von Krieg, 2. Warum immer von Europa ausgehen?
In der EU sind die Ökonomien der meisten Mitgliedsstaaten so sehr darauf angewiesen ein teil des konstrukts zu sein dass es schlichtweg ökonomischer selbstmord wäre da auszusteigen. (England war dahingehend speziell) oder die beziehungen aufzugeben (Schweiz).
“Das gleichgewicht des Schreckens” mit Atomwaffen ist genau so ein Beispiel dafür. Wenn alle Parteien die Möglichkeit haben sich gegenseitig praktisch garantiert auszulöschen, aber es selbst nicht überleben würden wird verhandelt. Wie das verläuft kommt auch auf den willen der verhandlungspartner an.
Die USA haben in den letzten 20 Jahren wirklich ziemlich friedlich agiert und haben beispielsweise in Afghanistan und vor der Küste Taiwans, sowie südkorea und somalia mit ihrer Anwesenheit durchaus zum frieden in diesen Regionen beigetragen oder tun es noch. Hat man ja nach dem abzug der amis aus Afghanistan gut gesehen was dann kam. (ich möchte hier aber all das was die usa im nahen osten verkackt haben… Und das war ne menge nicht verteidigen. Ich will nur darauf hinweisen das es ins Konzept passt)
Tja und erst letztens hat sich die Militär-junta in Niger wieder n bisschen beruhigt nachdem die Franzosen ecowas volle unterstützung zugesichert haben.
Also irgendwas ist da schon dran…
Meiner Meinung nach ist Pazifismus zwar eine Wünschenswerte Eigenschaft für alle Menschen, aber solange das nicht der Fall ist ist sie unrealistisch und gefährlich, da weltfremd, also Utopie.
Solange es Menschen gibt die anders denken ist Pazifismus eher ein Manko, da hiermit Aggressionen bestärkt und nicht gestoppt werden.
Wenn Pazifisten per se die einzigen Opfer ihrer Haltung wären kann ich damit leben, denn jedem seine persönliche Freiheit und Entscheidungsmöglichkeit, aber dem ist leider nicht so.
Das hat nichts mit zeitgemäß zu tun. Wer sich nicht wehren kann, wird über kurz oder lang zum Opfer.
Für nachhaltigen Frieden braucht es ein negatives Kosten-Nutzen- Verhältnis für offensive Handlungen und Entscheidungsträger, die rational handeln.
Pazifismus hat doch nicht mit sich nicht wehren können zu tun. Es geht doch gerade um die Frage, ob und wenn, dann wie man sich wehren sollte.
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Man kann theoretisch auch ohne “Rüstung und militärische Ausbildung” “ein negatives Kosten-Nutzen- Verhältnis für offensive Handlungen” erreichen. Durch Diplomatie und Sanktionen zum Beispiel.
Das könnte man durchaus als Wehrhaftigkeit verstehen, auf pazifistische Weise. Dann wäre der Plan, sich anders als militärisch zu wehren.
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In einem einfachen Gedankenbeispiel stimme ich dir zu. In der komplexen Realität ist es glaube ich nicht so einfach.
Beispielsweise glaube ich, dass die Bevölkerung eines eroberten Landes die wirtschaftliche Zusammenarbeit auch ohne Rüstung und militärische Ausbildung erschweren kann. Friedliche Handelsbeziehungen könnten profitabler sein.
Oder indirekt: Meinetwegen kannst du das eroberte Land mindestens genau so effizient ausbeuten wie durch friedlichen Handel, dafür leiden aber deine Beziehungen zu anderen Staaten, die direkt gar nicht beteiligt sind.
Jede Okkupation kommt auch immer mit erheblichen Kosten daher. Um die Eroberung sinnvoll nutzen zu können, muss sie nun von oben herab verwaltet werden. Diesen Verwaltungsaufwand würde ein friedlicher Handelspartner freiwillig selbst übernehmen.
Es gibt noch viele solcher Argumente. Letztlich hast du aber dennoch einen Punkt. Diese ganze Liste an Gegenargumenten verhindert keine Invasion, wenn die Invasoren deren Gewicht unterschätzen. Dann geht für die am Ende die Rechnung zwar nicht auf, man wurde aber trotzdem überfallen.
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Bis zum Krieg in der Ukraine war Wandel durch Handel die Alternative. Rückblickend offensichtlich nicht ausreichend, aber vom Konzept her nicht komplett abwegig. Auf lange Sicht lohnt sich der Krieg für Russland nicht, alle Industrie, die man einnehmen und ausbluten könnte ist irrelevant in Vergleich zu guten Handelsbeziehungen mit Europa.
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Das Thema “Pazifismus” ist wohl aktueller denn je.
So mancher ehemaliger Pazifist hat im Angesicht eines real existierend Kriegs, mitten auf unserem Kontinent, seine Sicht auf die Dinge geändert; andere setzen sich gerade deswegen das erste Mal konkret damit auseinander.
Die Anmerkung zum Buch von Kant fand ich sehr passend, da das Buch einfach sehr gut zu dieser Situation passt, obwohl es vor rund 200 Jahren geschrieben wurde… Anmerkung von mir, es ist das einzige Buch in meinem Besitz, bei welchem die Fußnoten mehr Platz einnehmen, als der eigentliche Text.Wusste nicht das diese Gedanken auf Kant zurückgehen. Sehr interessant, muss mir das Buch reinziehen.
Kant ich auch noch nicht.
in Shadowrun gibt es den Nachteil “Pazifist” in zwei Geschmacksrichtungen:
Die “schwächere” Version sind jene, die selbst keine Konflikte beginnen und alles versuchen, um sie zu vermeiden. Aber wenn sie oder ihre Kameraden ANGEGRIFFEN werden, dann verteidigen sie sich sehr wohl auch mit Waffengewalt.
Und dann gibt es natürlich noch den “totalen Pazifisten”, der nicht einmal dann zurückschlägt, wenn er selbst oder seine Kameraden angegriffen wird, im Gegenteil sogar aktiv zu verhindern versucht, dass die eigenen Leute auf die Gegner feuern.
Gefühlt scheint beim Begriff “Pazifismus” die zweite Interpretation bei allen in den Köpfen drin zu stecken, obwohl die Erste meinem Empfinden nach die EIGENTLICH richtige, “moderne” Form sein sollte.
So ähnlich hatte ich das weiter unten auch geschrieben.
Wie ich das sehe, hätten die meisten Leute, die Waffenlieferungen ablehnen und der Ukraine Pafizifismus predigen, keine Probleme damit Migranten an der Grenze “abzuwehren”.
Vielleicht ist Pazifismus tatsächlich ein Luxus, den man sich erlauben kann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Ich hoffe Menschenrechte im Allgemeinen gehören nicht auch zu dieser Kategorie.
Das schließt sich einander nicht aus.
Das ablehnen von Waffenlieferungen heißt ja nicht dass die Ukraine sich Pazifistisch verhalten soll oder ihre Grenzen für “Illegale Einwanderer” öffnen soll. 😂
Wie ich das sehe, hätten die meisten Leute, die Waffenlieferungen ablehnen und der Ukraine Pafizifismus predigen, keine Probleme damit Migranten an der Grenze “abzuwehren”.
Der eigentliche Witz ist doch der andere: Jede Milliarde die jetzt in unsere braunversiffte Armee gesteckt wird und jede Knarre die jetzt nachgekauft wird, wird in zehn bis zwanzig Jahren benutzt Massenmord am Klimaflüchtlingen zu tätigen.
Schon spannend, dass als Paradebeispiel für Christlichen Pazifismus Mahatma Gandhi angeführt wird.
Pazifismus wird bzw. sollte niemals unzeitgemäß sein. Wichtig ist aber, dass die Gesprächspartner sich im Klaren sind, was jede Seite darunter versteht.
Prinzipiell geht es bei dem Konzept nicht nur darum, wofür man steht, sondern vor allem, wozu man selbst bereit oder fähig ist, was leider oft vermischt wird. Denn es ist durchaus eine realistische Zuspitzung, dass ein Pazifist sich jedem Eroberer bzw. Aggressor fügt oder alternativ mit einfachem Dazwischenstellen an der Grenze versucht rollende Panzer aufzuhalten. Letzteres kann ja durchaus funktionieren, wenn es sich um ein hohe Zahl an Teilnehmern handelt.
Dagegen folgt daraus aber auch, dass man Pazifismus nicht einfach nur predigen kann, dieser muss gelebt werden, denn die eigenen Prinzipien gewinnen nicht erst an Relevanz, wenn ein Konflikt entfacht. In diesem Sinne geht es nicht nur darum, alle Alternativen zur Gewalt auszuschöpfen, sondern andere Optionen auch ernst zu nehmen und deren Verwirklichung sehr weitsichtig zu denken, da Gewalt, selbst wenn man der Stärkere ist, eine Niederlage mit langfristigen Folgen darstellt.
Liebe Freunde, das muss doch keine abstrakte Diskussion sein. Vergiss Kant, vergiss die Nazis, die Ukraine usw. Die eigentliche Frage ist doch: Bin ich bereit mein Leben aufs Spiel zu setzen. Und jetzt: Für abstrakte Dinge. Und: Mit schlechten Wahrscheinlichkeiten. Da fällt die Entscheidung doch gleich viel leichter ob Pazifismus ja oder nein. Wenn immer noch nicht, sei hintangestellt: Egal um welche Art Krieg es sich handeln wird, ist dein Land involviert, werden sie dich holen und zwingen für dieses Land zu sterben, also vielleicht gleich mal überlegen, was das konkret für dich bedeutet und entscheiden.
Liberale Menschen müssen im Zweifel bereit sein, für ihre Werte auch mit Waffengewalt einzustehen, denn wenn der Diktator vor der Tür steht, wird er sich von sanften Worten nicht abhalten lassen. Natürlich kannst du sagen, dass dir deine persönliche Freiheit im Gegensatz zum Staat super wichtig ist und du ja in irgendein anderes Land fliehen kannst, dann warst du aber Nutznießer eines Systems zu dessen Erhalt du nichts beigetragen hast. Rechte kommen mit Pflichten und selbst dein Recht auf Asyl (ein pflichtloses Recht, weil schon fürs bloße Menschsein garantiert wird) kannst du auch nur solange einfordern, wie ein Staat auf der Welt übrig bleibt, der dieses Recht mit Waffengewalt zu verteidigen bereit ist. Es ist daher unser aller Verantwortung, im Falle eines Falles zu kämpfen. Flucht ist nachvollziehbar, aber sie ist auch antiliberal. Das ist keine Wertung, sondern nur eine Feststellung.
“ dann warst du aber Nutznießer eines Systems zu dessen Erhalt du nichts beigetragen hast” Das ist wahr, aber es stört mich moralisch nicht. Der liberale Staat ist schon etwas anderes als ein Zusammenschluss von Menschen mit liberaler Moral, der diese dann vor den anderen illiberalen schützt. Der liberale Staat schützt eigentlich etwas anderes. Und wird das im Zweifel, wie wir oft genug mitangesehen haben, auch ausserhalb seiner Grenzen verteidigen. Wie im Augenblick mitanzusehen, ist es „sogar“ möglich dass der Diktator auch plötzlich nicht mehr vor der Tür steht, sondern es sich schon längst daheim eingerichtet hat. Dein Kontrakt hat sich dann aber noch nicht aufgelöst.
Für mich besteht da nicht diese Trennung die du aufzeigst.
Ich bin Pazifist aus tiefster Überzeugung, ich verachte jede Form von Gewalt und dass fängt bei verbaler Gewalt an; jedoch kann es Situationen geben, bei denen ich mich gegen meine Prinzipien entscheiden muss zum Wohle derer die mir nahestehen, meine Frau, Kinder, Eltern und selbstverständlich auch zu meinem ganz eigenen Wohl.
Der Fairness halber möchte ich anmerken, dass ich Soldat bin.An dieser Stelle dann mal Danke für deinen Dienst!
Ich finds schade dass euch gesamtheitlich so wenig Wertschätzung entgegenkommt.
„zum Wohle derer die mir nahestehen, meine Frau, Kinder, Eltern“ Ich würde hier auch meine Prioritäten setzen, allerdings schätze ich meine Strategie diese zu schützen indem ich sie und mich so schnell wie möglich aus gewalttätigen Umständen entferne, eher umsetzbar ein, als zuvor noch schnell das ganze Land, das eventuell doch andere Prioritäten hat, zu verteidigen.
Im Zuge des Angriffs von Russland gab es natürlich diese Unterhaltungen.
Ich hab den anderen Nutzer verprellt, weil mir die Antwort zu lang zum Handy Tippen ist, deswegen versuche ich mich kurz zu halten; aber nehmen wir den Worst Case: Angriff der EU durch externe Mächte.Ich bin beim Bund eingetreten, als noch Landesverteidigung aktuell war; darin sehe ich auch meine ordinäre Berufung.
Die Hingabe zur “Pflichterfüllung” kam bei mir tatsächlich erst über die Jahre, spätestens als ich 30 wurde, während der Ausübung des Berufs (ebenso auch mein o.g. Credo zur Gewaltfreiheit).Meine Frau und ich waren uns in den Punkt einig, dass im Fall der Fälle sie mit den Kindern und unseren Eltern gen Westen flieht.
Der Knackpunkt bin ich; sie will dass ich mitkommen, ich will es nicht.
Warum nicht?
Nicht wegen etwas abstrakten, sondern weil ich insbesondere mein tagtäglich gelebtes Leben (nicht das physische) in genau dieser Bundesrepublik, so wie sie momentan ist, nicht hergeben will.
Ich will nicht in UK oder Spanien leben, ich will genau hier leben, mit Bundestag und Bundesrat, mit Verfassungsgericht und mit Gemecker, dass es dem Deutschen Mittelstand noch nie so schlecht ging.In dem Sinne verteidige ich nicht das Land per se, sondern mein Ideale.
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Na, der user hat sich selbst verprellt, kann man nichts machen. Du bist schon seit dem kalten Krieg im Bund, oder verstehe ich das falsch? Mich überrascht, dass du das Gefühl hast im Kriegsfall selbst etwas bewirken zu können. Ob die Institutionen, die mir teils auch nicht so schlecht gefallen, diesen überstehen würden, halte ich für mehr als fraglich. Und dann, hast du nicht gemeint, dass es gerade die Verantwortung gegenüber deiner Familie wäre die dich antreibt, du sie aber im entscheidenden tatsächlich alleine lässt um an der Front für deine Ideale zu sterben. Oh mann, sorry das klingt so brutal, ich schreib nur was sich so in meinem Kopf abspielt. Ich mein, ich kann deine Gedanken nachvollziehen, aber wenn ich sie vom Abstrakten ins Persönliche übersetze, sind das schreckliche Gedanken.
Ich bin Pazifist aus tiefster Überzeugung, ich verachte jede Form von Gewalt und dass fängt bei verbaler Gewalt an
Der Fairness halber möchte ich anmerken, dass ich Soldat bin.
… und es tut offenbar nicht mal weh.
Magst du das weiter ausführen?
Nicht ich bin es, der ein solches Bedürfnis verspüren müsste.
Hast du etwa noch nie von der Pazifistischen Division gehört?
Enthält unter anderem das Schwere Friedensbattalion und Kommando Weiße Tauben.
Das wäre dann wohl individualistischer Pazifismus :p