• tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺@feddit.de
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    10 months ago

    Den Verlust des Wahlrechts fände ich etwas arg krass. In besonders schweren Fällen kann man über den Verlust des passiven Wahlrechts sprechen, ansonsten sollte eine Sperrfrist genügen.

    Das aktive Wahlrecht sollte aber nicht zur Diskussion stehen. Selbst wenn in jeder Legislaturperiode alle Abgeordneten korrupt wären, hätte man in der gesamten Geschichte der Bundesrepublik höchstens 10.989 Abgeordnete gehabt. Da viele über mehrere Legislaturperioden gewählt wurden sind es deutlich weniger. Bei knapp 60 Millionen Wahlberechtigten sind das also gerademal höchstens 0,018 % der Wahlberechtigen. Und das wäre wenn sie alle korrupt gewesen wären, jedesmal ein komplett neuer Bundestag zusammengekommen wäre und alle heute noch leben würden.

    • trollercoaster@feddit.de
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      10 months ago

      Das passive Wahlrecht von gewählten Vertretern muss bei Korruption weg, denn Korruption ist ja immerhin ein Missbrauch der und ein Verbrechen gegen die Demokratie selbst.

      • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺@feddit.de
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        10 months ago

        Ich kann die Motivation nachvollziehen. Aber Korruption ist auch ein weites Feld. Jemand der dutzende Millionen mit Maskendeals gemacht hat, ist deutlich anders unterwegs, als jemand, der sich einmal zu einer Konferenz mit all inclusive 5 Sterne Unterbringung für 5.000€ hat einladen lassen.

        Das Letztere is auch nicht akzeptabel, aber durch die öffentliche Verurteilung plus eine Sperre für z.B. eine Legislatur gäbe es sehr deutliche Konsequenzen. Wer es danach nochmal schafft, die Wähler zu überzeugen hat mMn. eine zweite Chance verdient.

        Sind die Regeln zu drakonisch können sie auch wieder allzu leicht missbraucht werden, um politische Gegner mit fingierten Fällen auszuschalten.

        • trollercoaster@feddit.de
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          10 months ago

          Ich spreche Leuten, die sich bestechen lassen, grundsätzlich die charakterliche Eignung dafür ab, in einem repräsentativen demokratischen System Wähler zu vertreten.

          Ob sich jemand, der das einmal gemacht hat, charakterlich ausreichend wandeln kann, um doch wieder geeignet zu sein, weiß ich nicht. Sollte das nachweisbar der Fall sein, kann man natürlich über eine zeitlich begrenzte Aberkennung des passiven Wahlrechts reden.

    • Fiona@feddit.de
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      10 months ago

      Das aktive Wahlrecht sollte aber nicht zur Diskussion stehen.

      Ich verweise auf §45, Absatz 5 StGB.

      Es gibt kaum eine Straftat bei der der so angemessen ist wie bei dieser.

      • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺@feddit.de
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        10 months ago

        (5) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.

        https://www.freilaw.de/wordpress/wp-content/uploads/2017/05/02Strafgefanenewahlrecht.pdf

        Die Aberkennung des Wahlrechts wird nur äußerst selten verhängt. Im Zeitraum von 1978 bis 2008 wurde § 45 Abs. 2 bzw. Abs. 5 StGB in 178 Fällen angewendet, was im Schnitt 5,4 Anwendungen pro Jahr entspricht6. In jüngerer Zeit wurde die Regelung sogar noch zurückhaltender angewendet. So wurden im Jahr 2012 die Bürgerrechte gem. § 45 Abs. 2 und Abs. 5 StGB nur ein einziges Mal aberkannt7. In den Jahren 2013 und 2014 gab es sogar keinen einzigen Fall, in dem ein Gericht das aktive oder passive Wahlrecht nach § 45 Abs. 2 bzw. Abs. 5 StGB aberkannt hat8.

        Die Aberkennung des aktiven Wahlrechts als Nebenstrafe ist in vielerlei Hinsicht angreifbar. Es ist daher an der Zeit, dass ein moderner und aufgeklärter Staat, wie es Deutschland ist, ein solches „Relikt“ vergangener Zeiten abschafft und nicht ohne Not weiter aufrechterhält. Auch andere europäische moderne Strafgesetze sehen eine solche Einschränkung nicht vor, wie etwa in Schweden. Eine kriminalistische Notwendigkeit ist wohl kaum nachzuweisen. Darüber hinaus kommt der Aberkennung des aktiven Wahlrechts keinerlei generalpräventive Bedeutung zu und zielt als Relikt aus Zeiten des „Ehrenstrafrechts“ allein auf die Ehre des Verurteilten ab. Die Praxis zeigt, dass die Gerichte dem Gesetzgeber schon einen Schritt voraus sind: Die Norm wurde in den letzten Jahren kaum bzw. nie angewendet. Es erscheint daher zeitgemäß, den § 45 Abs. 5 ersatzlos zu streichen.