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Psychologisches Erbe: Der Limes bildete einst die Außengrenze des Römischen Reiches und verlief dabei quer durch Deutschland und die Niederlande. Das hat noch heute Auswirkungen, wie Forschende jetzt herausgefunden haben. Demnach weisen Menschen, die südlich des früheren römischen Grenzwalls leben, höhere Werte in Lebenszufriedenheit, Lebenserwartung und damit verbundenen Persönlichkeitsmerkmalen auf als Einwohner nördlich dieser „psychologischen Grenze“. Aber warum?

Während der Trennung Deutschlands in DDR und BRD wuchsen Menschen dies- und jenseits der innerdeutschen Grenze unter ganz unterschiedlichen Bedingungen auf. Diese Sozialisationen führten zu regional spezifischen Überzeugungen und Werten, die bis heute fortwirken. Doch die Mauer war nicht die einzige innerdeutsche Grenze in der Geschichte. Vor rund 2.000 Jahren verlief auch der Limes, der römische Grenzwall, quer durch Deutschland. Prägt auch diese lange zurückliegende räumliche Trennung noch die Psyche der heutigen Menschen?

  • AllrightImmaHeadOut@discuss.tchncs.de
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    11 days ago

    Es gibt aber auch einen Grund, warum der Limes genau dort steht, wo er steht und man sollte aufpassen, nicht Ursache und Wirkung zu verwechseln.

    Beispielsweise ist es im Norden kälter, weniger Sonnenstunden, andere Vegetation etc. Das Leben ist also vielleicht alleine durch die herrschenden Bedingungen schwieriger und das prägt vielleicht auch die Psyche.

    Das ist natürlich auch reine Spekulation, aber da uns eine von den Römern unterworfene Kontrollgruppe, die weiter nördlich wohnt, fehlt, unterstelle ich mal, dass die Studie den Effekt auch schwerlich korrigiert.

  • Obelix@feddit.org
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    11 days ago

    „Wir fanden einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der lokalen römischen Prägung und einem heutigen psychologischen Profil in diesen einst römischen Regionen, das sich durch ein höheres Wohlbefinden auszeichnet: sowohl in Persönlichkeitsmerkmalen – wie Gewissenhaftigkeit und Extraversion sowie geringerem Neurotizismus – als auch in größerer Lebenszufriedenheit und einer längeren Lebenserwartung“, berichtet Martin Obschonka.

    Das halte ich für ausgeprägten Unsinn. Ich bin in meinem Leben (mehrfach) von “römischem” ins “nichtrömische” Gebiet umgezogen und wieder zurück und das, was man bemerkt, ist, dass es schlicht und einfach keine römische Prägung gibt. Hier waren die Römer auch. Ein paar Ruinen stehen rum. Interessiert aber keinen, keiner bezieht sich drauf.

    Was aber ist: Es ist halt Süddeutschland. Die wirtschaftlich starke, boomende Region Deutschlands. Die mit mehr Sonne und besserem Wetter. Die Region, die nicht bis vor kurzem von der Sowjetarmee besetzt war.

    • PonyOfWar
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      11 days ago

      Es gibt schon auch kulturelle römische Prägung. Da würde mir zum Beispiel direkt der Weinbau einfallen, der über die Römer nach Südwestdeutschland kam. Und auch die starke Wirtschaft kann wie im Artikel erwähnt zumindest zu einem gewissen Teil damit zusammenhängen, dass die römischen Regionen schon viel früher eine komplexe Wirtschaft und gute Infrastruktur in Form von Straßen etc hatten. Halte die These für zumindest nicht vollkommen abwegig, auch wenn es mit Sicherheit nicht der einzige Faktor ist.

      • Obelix@feddit.org
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        11 days ago

        Naja, der Weinbau hängt halt am Klima. Und genau das Klima ist ja z.B. auch der Grund, warum die Römer nicht weiter nach Osten vorgedrungen sind. Und die Römer waren auch so klug sich an bestehenden Verkehrswegen zu orientieren, v.a. an Rhein und Donau. Macht sie das jetzt zu den großen Helden der Geschichte oder ist es eher so, dass der Rhein als Verkehrsweg hier entscheidender ist oder wärmeres Wetter?

  • NeoNachtwaechter@lemmy.world
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    11 days ago

    Wieder mal der gute alte Unterschied von Koinzidenz, Korrelation und Kausalität?

    Oder es ist einfach so ein Magnetfeld. In Wirklichkeit ist ja die Donau die Grenze, nicht dieser blöde alte Holzgartenzaun. Das viele fließende Wasser erzeugt also so ein Erdstrahlen-Magnetfeld, und das ist natürlich links des Flusses ein rechtsdrehendes, und rechts des Flusses ein linksdrehendes Magnetfeld. Eins davon macht die Leute fleißiger und intelligenter, das andere macht krank, genau wie die Handystrahlen, aber jetzt hör ich lieber auf und arbeite wieder was… :)

  • D_a_X@feddit.orgOP
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    11 days ago

    Und ich als Bayer bin immer der Meinung, dass die Menschen nördlich von Flensburg glücklicher wären. Ich hab mich in Dänemark und Schweden sehr wohl gefühlt.

  • foenkyfjutschah@programming.dev
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    11 days ago

    Während der Trennung Deutschlands in DDR und BRD wuchsen Menschen dies- und jenseits der innerdeutschen Grenze unter ganz unterschiedlichen Bedingungen auf. Diese Sozialisationen führten zu regional spezifischen Überzeugungen und Werten, die bis heute fortwirken.

    Ich bin grundsätzlich sehr skeptisch was diese Studie angeht. Überhaupt habe ich Probleme, Psychologie als Wissenschaft einzuordnen.

    Der punkt ist aber, daß die Existenz der DDR zwischen 1949 und '90 überhaupt nicht hinreichend ist, um die unterschiedlichen Mentalitäten östlich und westlich der Elbe zu erklären. Viel überzeugender ist da als Erklärung die Erfahrung der deutschen Kolonisierung und Missionierung während des Frühmittelalters, die in den folgenden Jahrunderten erfolgte Assimilierung polabisch-/lechisch-/serbischsprachiger Kulturen mit der deutschen Herrenkultur sowie die spezifischen sozialen Entwicklungen, die Herrschafts- und Siedlungsformen, die auf wehrhafte Landnahme ausgelegt sind, hervor bringen (die Scheiße namens Preußen).

    Damit will ich die Differenzen zwischen DDR und BRD nicht leugnen, die sind für uns selbstverständlich viel offensichtlicher und konkretisierbar. Gelegentlich aber manifestierten sich in der DDR durchaus auch regional passende Modi der Vergesellschaftung, die bspw. der allgemein höheren Akzeptanz alleinerziehender Mutterschaft Rechnung trugen.

    • muelltonne@feddit.org
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      11 days ago

      Da hätte ich arge Zweifel den Nazihool in der Uckermark mit der frühmittelalterlichen Kolonisierung in Verbindung zu bringen.

      • foenkyfjutschah@programming.dev
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        11 days ago

        Nun, erstens ist der Nazihool nicht das typische Wesen in der Uckermark, den bringt Dein Ressentiment wahrscheinlich direkt in Anschlag. Zweitens wäre der Zusammenhang sicher nicht so unmittelbar, hier liegt ja den Deutschen liebstes Zeitmaß Tausend Jahre als Maßstab an. Aber wahrscheinlich ließe sich differenzieren, daß der west-elbische Chauvinsmus sich aus dem Minderwertigkeitsgefühl ggü. den romanischen Kulturen speist, das Landnehmen und ärgeres zur Bildung eines Imperiums immer nach Osten ausgerichtet. Während im Ost-elbischen sich das Beweisen-Müssen des erblosen, jungen Bruders mit dem Selbsthass der in Leibeigenschaft versklavten, selbstvergessenen slawischen Bevölkerung vermischt.

        • muelltonne@feddit.org
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          11 days ago

          Ich glaube wirklich nicht, dass du das so erklären kannst. Schon alleine, weil du in Deutschland selbst mittlerweile ~1/4 mit Migrationshintergrund hast. Und da sind die Binnenmigranten noch nicht dabei, die aus der DDR in die BRD zogen und umgekehrt oder die als Vertriebene nach dem WW2 kamen, die während der industriellen Revolution ins Ruhrgebiet zogen oder all die jungen Leute, die jetzt aus den Dörfern in die Städte gehen. Alleine das spricht gegen einen feststehenden, sich seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden gebildeten regionalen Volkscharakter.

    • fantasty@programming.dev
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      10 days ago

      Ich wollte auch gerade sagen meine Theorie ist eher dass da wo die Preußen waren das Leben einfach scheiße war und das hat anscheinend immernoch Auswirkungen auf die Leute. Westentaschenpsychologie aber ich finde die These schlüssig.