Joschka Fischer sieht die Welt in einem radikalen Umbruch. "Europa ist ab sofort allein", sagt er mit Blick auf die USA. Dem früheren Außenminister zufolge braucht es nun eine gänzlich neue Sicherheitspolitik - und einen Kanzler Merz im Format eines Adenauers.
Das ist genau die Verengung auf rein militärische Überlegungen die diesen Konflikt nie enden lassen werden. Und Leute die so argumentieren machen sich zu den naiven Handlangern der Kriegstreiber auf beiden Seiten, und das zu Lasten der ukrainischen Bevölkerung.
Ne sorry, es ist eher naiv zu glauben, dass die Ukraine ohne Waffenlieferung überhaupt eine Position zum Verhandeln hat.
Hat die Ukraine keine Waffen, hat Russland keinen Anreiz diesen Krieg zu beenden. Das würde in einem militärischen Sieg Russlands enden, die Ukraine wird danach nicht mehr in der Form als freies Land existieren. Russland auf der anderen Seite hat keinen Anreiz diesen Krieg nicht auch in bündnismäßig ungeschützte Länder wie Moldau weiter zu tragen.
Eine Verhandlungslösung kann nur funktionieren, wenn Russland sich darauf einlässt. Das kann nur funktionieren, wenn sie absehbar schlechter als 2022 oder 2015 da stehen würden was die Territorien angeht oder eben innenpolitisch der Druck zur Fortführung zu groß wird. Das ist im Grunde nur militärisch zu erreichen. Es zwingt niemand Putin diesen Krieg fortzuführen und Russland könnte jederzeit einfach damit aufhören.
Der Ukraine gehen die Waffen ja nicht von jetzt auf gleich aus und man kann durchaus gewisse Vorbedingungen an Verhandlungen stellen wie es der neue Britisch/Französische und auch der Brazilianisch/Chinesische Vorschlag macht und somit Waffenlieferungen während der Verhandlungen nicht so nötig zu machen. Aber man muss glaubhaft der Gegenseite zeigen können das man es mit dem Verhandeln ernst meint, und verhandeln und gleichzeitig aufrüsten das geht nicht zusammen bei sowas (spätere Unterstützung zur bewaffneten Friedenssicherung kann aber durchaus Teil der Verhandlungen sein).
Insgesamt können wir und die Ukraine derzeit nur sehr schlecht militärischen Druck auf Russland ausüben. Von russischer Sichtweise ist das Realistischte was die Ukraine so erreichen könnte das der Krieg noch ein paar Jahre so weiter geht und sie dann gewinnen weil in Resteuropa endgültig keiner mehr Lust hat oder die Rechtspopulisten an der Macht sind.
Die einzige Risikovariable ist ob die russische Wirtschaft so lange mit macht und ob die Chinesen usw. sie weiter unterstützen. Und da haben wir eventuell einen Hebel den wir zu gunsten der Ukraine einsetzen können.
Daher sind die ganzen anderen Überlegungen die du und andere hier anstellen zwar nicht völlig falsch, aber ziemlich irrelevant realpolitisch.
Ich sage nichts gegen den Verhandlungsweg. Ich denke mal, dass wir ein Ende des Krieges durchaus gleichermaßen als wichtig empfinden.
Warum soll das aber nur für die Ukraine gelten? Russland wird kaum die Ausrüstung stoppen oder zurückfahren. Daraus würde sich verhandlungstechnisch somit einfach nur ein Nachteil für die Ukraine ergeben.
Es spricht ja nichts dagegen, dass man die Ukraine unterstützt, sodass sie militärisch nicht verliert und trotzdem versucht mit/über China Druck aufzubauen, um Russland an den Verhandlungstisch zu ziehen.
Es geht vor allem um die Verlegung von schweren Waffen an die Front für den kurzfristigen Einsatz, insbesondere für Überraschungsangriffe, sowie weitreichender Beschuss ziviler Infrastruktur. Das ist was “Waffenlieferungen” an die Ukraine defakto derzeit bedeutet. Munition um ne weile die Stellung zu halten hat bzw. produziert die Ukraine derzeit genug.
Beides müsste Russland wärend der Verhandlungen natürlich ebenfalls unterlassen, und scheint dazu auch bereit zu sein (steht so zumindestens in dem Chinesisch/Brazillianischen Vorschlag der mit den Russen abgestimmt sein wird).
Russland steht doch auch massiv unter Druck. In den letzten 12 Monaten entsprechen die russischen Geländegewinne ungefähr der Fläche Luxemburgs. Wenn es in dem Tempo weiter geht brauchen sie >100 Jahre bis nach Kiew. “Gewinnen in ein paar Jahren” ist für Russland absolut nicht absehbar. Dazu entsprechen die Geländeverschiebungen der “Defense in Depth” NATO Doktrin und sind auch auf ukrainischer Seite in einem gewissen Maß quasi eingeplant. Jedenfalls ist die Einnahme von einem 100 Seelen Dorf pro Woche unter immensen Verlusten kein Zeichen für einen bevorstehenden russischen Sieg. Und Russland kämpft mit T55 und liefert Nachschub mit Eseln(!) an die Front weil so viel Equipment bereits zerstört ist. Und Kursk konnte auch mit Unterstützung Nordkoreas nicht zurück erobert werden. Beide Seiten sind hier abgekämpft aber einen klaren militärischen Vorteil auf russischer Seite, der jeden Widerstand sinnlos macht, den gibt es nicht. Insofern ist es absolut folgerichtig den militärischen Druck maximal zu erhöhen um die Verhandlungsposition zu stärken, und da sind die Waffenlieferungen auch ein wirksames Mittel das längst nicht ausgeschöpft ist. Bspw. könnten wir morgen Taurus liefern und damit den Nachschub auf die Krim stören, was die russische Position dort massiv schwächen würde.
Noch so einer der nicht lesen kann 🙄
Ich habe explizit gesagt, das die Russen erwarten das spätestens in ein paar Jahren der Westen so oder so die militärische Unterstützung der Ukraine einstellt und das sie bis dahin den längeren Atem haben, was eine nicht ganz unrealistische Einschätzung ist und sich sogar größtenteils mit den deckt was du selber schreibst.
So viel den militärischen Druck rein über Waffenlieferungen erhöhen geht garnicht in der derzeitigen Situation. Das wird ja auch schon seit zwei Jahren versucht, und am Ende ist es immer nur eine weitere Eskalation ohne wirklichen strategischen Nutzen. Es müsste der Westen schon selber direkt massiv mit Truppen eingreifen damit Russland sich da irgendwie umentscheided.
Das heißt aber nicht das Verhandlungen generell nutzlos sind, da es auf wirtschaftlicher Seite einige empfindliche Schwachstellen der Russen gibt, vor allem wenn ihre BRICS Verbündeten keine Lust mehr haben bei dem für sie unsinnigen Krieg mit zu machen.
Wir brauchen einfach wieder die Unterhändler, die schon den zweiten Weltkrieg ohne militärische Eingriffe und Unterstützung durch Verhandlungen beendet haben.
Die Lösung, die zum Ende des zweiten Weltkriegs geführt hat, wird gegen Russland nicht funktionieren.
Hätte Hitler Atombomben gehabt, hätte er sie auch allerspätestens bei den ersten Artillerie-Einschlägen auf Berlin alle gezündet.
So schwer es ist, das zu akzeptieren: Russland wird nicht kapitulieren und sich nicht zurückziehen, und die russische Bevölkerung wird auch nicht die Regierung stürzen. Jedenfalls nicht solange Putin noch lebt.
Wenn Atombomben der Joker sind dann können wir uns also alle auf die russische Weltherrschaft einstellen weil ein Widerstand dagegen sowieso nicht möglich ist?
Der zweite Weltkrieg hätte garnicht statt gefunden wenn in Deutschland die Steigbügelparteien nicht den Nazis zur Macht verholfen hätten und Jahre lang die faschistoide Großindustrie als Waffenproduzenten hoffiert hätten.
Da, ich kann hier auch geschichtsverfälschende Polemik schreiben wenn du das machst 🙄